Nass oder trocken entgraten, das ist hier die Frage!

Es scheint auf der Hand zu liegen, dass (Stahl-) Blech und Wasser nicht zusammengehören. Der erste Gedanke ist zwangsläufig „Rost“. Doch gibt es durchaus gute Argumente, manche Bleche nass zu schleifen. Ob nass oder trocken entgraten für Sie das richtige ist erfahren Sie hier!

In der Praxis ist die Entscheidung, ob in eine nass oder in eine trocken arbeitende Entgratmaschine investiert werden soll, tatsächlich eine der Schwierigsten. Der Grund ist unter anderem, reine Blechbearbeitungsbetriebe, die keine Zerspanungsmaschinen einsetzen sind den Umgang mit Schleifemulsion schlicht nicht gewohnt. Ein Zerspaner würde nicht an Rost denken, nur weil seine Werkstücke mit wässriger Emulsion in Kontakt kommen. Im Gegenteil – eine trocken bearbeitete, blanke, metallisch aktive Oberfläche – wie sie nach dem Zerspanen oder Schleifen vorliegt, wird viel schneller rosten, als ein Werkstück, das mit einem Hauch an Kühlschmierstoff benetzt ist.

In der Blechbearbeitung kann es mehrere Gründe geben, über das Nass-Entgraten nachzudenken. Ob nass oder trocken entgraten die passende Technik ist – hier einige Aspekte:

1. Die Bearbeitung von Aluminium

Der Schleifabrieb bei der Aluminiumbearbeitung birgt eine latente Brand- bzw. Explosionsgefahr. Da nie 100% des anfallenden Staubes abgesaugt werden können, bilden sich nach einer gewissen Zeit Ablagerungen. Diese Ablagerungen sind unkritisch, solange kein Funke dort auftrifft. Dies könnte zum Beispiel bei anschließender Stahlbearbeitung der Fall sein. Dann könnte es zu einem Brand kommen. Noch problematischer – allerding sehr unwahrscheinlich – wäre, wenn die Ablagerung gleichzeitig von einem Luftstoß erfasst würde. Dann wäre unter Umständen die Gefahr einer explosionsfähigen Atmosphäre gegeben. Aus diesem Grund schreiben alle Maschinenbauer vor, die Maschine nach der Bearbeitung von Aluminium komplett zu reinigen!

In der Praxis bedeutet dies aber auch, die Mitarbeiter zu sensibilisieren, dass in der Zeit der Alu-Bearbeitung nicht eben mal schnell ein „einzelnes Stahlteil“ durch die Maschine darf.

Außerdem muss für den Mischbetrieb eine nassarbeitende Absauganlage mit der Maschine verkettet werden. Trägt man dem Rechnung, so kann auch auf trocken arbeitenden Maschinen mit gutem Gewissen Alu bearbeitet werden.

Schild an einer trockenen Entgratmaschine. Aluminiumbearbeitung erfordert besondere Vorsicht!

2. Die Bearbeitung öliger Teile

Ähnlich kritisch wie die Aluminiumbearbeitung, ist die Bearbeitung öliger Teile auf einer trocken schleifenden Maschine. Hier kommt es nämlich dazu, dass die Werkzeuge zusetzen, was dazu führt, dass die Kanten nicht mehr verrundet werden. Darüber hinaus ist das Gemisch aus Schleifabrieb und Öl ebenfalls leicht entzündlich.

Grundsätzlich werden Bleche gebeizt & gefettet bezogen, ohne dass der Beölungsgrad bekannt ist. Somit kann nicht vorhergesagt werden, welche Menge an Öl in die Maschine eingeschleppt wird und ob es zu Problemen kommen wird.

Aus diesem Grund steht in den Angeboten der Hersteller Sätze wie: „Fettige Teile (z.B. Stanzöl) sollen erst entfettet werden.“ oder „Oberflächenrestöl sollte vor der Bearbeitung entfernt werden“.

Im Rahmen meiner Beratungspraxis kam es schon vor, dass ich zu Kunden gerufen wurde, die Trockenmaschinen investiert hatten und bei denen sich das Problem erst im Anschluss zur Inbetriebnahme aufgetan hat. Durch einen vorgeschalteten Entölungsprozess kann zwar Sicherheit geschaffen werden, der Aufwand wird aber von den allermeisten Kunden gescheut.

Da die überwiegende Mehrzahl der Blechbearbeiter in Deutschland aber trocken arbeitende Maschinen einsetzt, ist auch evident, dass sich nicht grundsätzlich zu viel Öl auf Standardblechen befindet.

3. Mischbetrieb

Die Gefahr in einer Entgratmaschine Stahlpartikel auf Edelstahl zu verschleppen, ist ebenfalls ein Aspekt, der als Argument für eine Nassmaschine herangezogen werden kann.

In einer Maschine, in der der anfallende Schleifabrieb durch Emulsion benetzt und abtransportiert wird, geht die Gefahr Material zu verschleppen nur noch von Partikeln innerhalb der Werkzeuge selbst aus und auch diese können durch ein Opferblech sehr einfach gereinigt werden.

Eine Trockenmaschine sollte schon gründlicher gereinigt werden, wenn nach der Stahlbearbeitung VA oder ALU bearbeitet werden soll.

Bedenkt man allerdings, dass die wenigsten Laserschneider die Laser-Auflageroste zwischen VA- und Stahlbearbeitung wechseln, so ist die Diskussion eher müßig. Betriebe, die dieses Thema wirklich ernst nehmen, führen ohnehin eine räumliche schwarz / weiß Trennung über getrennte Werkshallen durch und dann gibt es in der Regel auch je eine Entgratmaschine pro Materialart.

Entscheidungsfindung Nass oder trocken entgraten

Wichtige Vorteile von trocken arbeitenden Entgratmaschinen, sollen an dieser Stelle aber ebenso zur Sprache kommen. Eine Trockenmaschine kann für die Bearbeitung eines einzelnen Teils oder einer kleineren Losgröße ein- und wieder ausgeschaltet werden. Nassmaschinen hingegen erfordern deutlich mehr Pflege und sollten nach jedem Einsatz gereinigt werden, denn sonst besteht die Gefahr, dass Düsenrohre oder Vakuumtische sich schnell mit antrocknendem Abrieb zusetzen. Auch die Emulsion braucht viel Pflege, sonst kommt es schnell zu Bakterien oder Pilz-Befall.

Grundsätzlich wird hier mit Bandfiltern gearbeitet. Bei dieser Technologie bleibt jedoch stets eine größere Menge Abrieb im Umlauf. Zentrifugen haben sich an dieser Stelle sehr gut bewährt, machen aber die ohnehin schon deutlich teureren Nassbearbeitungsmaschinen noch teurer.

Trockenmaschinen zeichnen sich außerdem grundsätzlich durch eine bessere Zugänglichkeit aus, denn eine wasserdichte zweite Hülle (häufig aus VA) ist bei dieser Maschinenart nicht erforderlich.

Last but not least – ein weiterer sehr wichtiger Aspekt – die immer mehr gewünschte, starke Kantenverrundung gelingt auf einer Trockenmaschine besser. Bei gleichen Werkzeugen und gleicher Maschinentechnik, verrundet eine trocken arbeitende Maschine die Kanten der Bleche intensiver als eine Nassmaschine.

Nass oder trocken entgraten – hier das Fazit der Betrachtung:

Fazit:

Wenn die Bleche nicht zu allzu ölhaltig sind und nach jeder Aluminiumbearbeitung sichergestellt wird, dass die Maschine gereinigt wird, so ist der Weg frei für eine trockene Entgratmaschine.

Soll in sehr kurzen Zeitabständen von ALU zu Stahl und/oder VA hin und her gewechselt werden oder weisen die Teile einen stärkeren Ölfilm auf, so ist es notwendig über eine Nassschleifmaschine nachzudenken.

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Ihr Markus Lindörfer

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